🇬🇧 English version

Andre Schmidt – Werkschau

grafikartig.de – Malerei, Druckgrafik, Fotografie

Andre Schmidt – Transversale Formpraxis und ethische Bildräume

Zur medienübergreifenden Arbeit eines künstlerischen Subjekts im Zustand bewusster Fragmentierung.

Das Werk von Andre Schmidt ist nicht als geschlossenes Œuvre, sondern als offene, prozessuale Struktur zu verstehen – als Konstellation medialer, ethischer und sozialer Operationen, die sich jeder linearen Kategorisierung entziehen. In einem Spannungsfeld aus bildnerischer Konzentration und performativer Präsenz entfaltet sich eine künstlerische Praxis, deren Signatur weniger im Stil als im Verhältnis zur Welt begründet liegt.

Im Zentrum dieser Praxis steht die Entscheidung, Kunst als ethische Konfiguration zu denken: nicht als Illustration von Moral, sondern als strukturelle Reduktion, als Verzicht auf hierarchische Darstellung, als Widerstand gegen dekorative Sinnproduktion. Die künstlerische Haltung Schmidts gründet auf der Philosophie des Ahimsa – verstanden als Formprinzip wie als soziale Strategie. In der Konsequenz bedeutet dies eine Ablehnung repräsentativer Autorität zugunsten resonanter Bildräume, die keine Behauptungen aufstellen, sondern Bedingungen eröffnen.

Grafikartig.de versammelt in exemplarischer Weise die bildnerischen Vektoren dieses erweiterten Werkbegriffs. Zu sehen sind Arbeiten aus den Feldern der Malerei, Druckgrafik und Fotografie – bewusst getrennt von jenen Aspekten seiner künstlerischen Tätigkeit, die sich der Archivierung entziehen: Performance, situative Textarbeit, klangliche Prozesse oder spontane Interaktion im sozialen Raum. Diese Auslassung ist nicht zufällig, sondern Ausdruck einer ästhetischen Ökonomie, die die Materialität des Bleibenden gegenüber dem Ereignishaften differenziert ausweist.

Die Malerei bei Schmidt operiert meist in radialer Lichtarchitektur – nicht als Effekt, sondern als formale Meditation über Verteilung, Durchlässigkeit und Bildtiefe. Die Druckgrafiken, entstanden im diskursiv geprägten Atelierkontext des Musischen Zentrums der Ruhr-Universität Bochum, verweisen auf eine frühe Prägung durch handwerkliche Disziplin, mediale Begrenzung und kollektives Denken. Die fotografischen Arbeiten erscheinen nicht als Serien im klassischen Sinne, sondern als assoziative Kartographien eines sozialen Blicks: Makro, Nahsicht, Zerbrechlichkeit, Warten.

Was sich auf dieser Seite zeigt, ist daher weder Portfolio noch retrospektive Werkschau. Es ist ein ästhetisches Dokument der Unabschließbarkeit. Eine Sedimentation von Versuchsanordnungen, Spurensystemen, Formentscheidungen. Grafikartig.de steht somit exemplarisch für eine künstlerische Praxis, die nicht Produkt ist, sondern Prozess – nicht Repräsentation, sondern Relation.